04.05.2020, Anfrage-SZ-Corona-Pandemie-bestehenden-Pflichten-und-Einschränkungen.
05.05.2020, Antworten auf SZ- Fragen zur Corona-Pandemie von Jutta Häcker (DIE LINKE stell. Fraktionsvorsitzende im Stadtrat Pirna) und Tilo Kloß
Anfrage SZ: Sehr geehrter Herr Kloß (Die LINKE, Fraktionsvorsitzender in Stadtrat Pirna), angesichts der derzeit und auch künftig aufgrund der Corona-Pandemie bestehenden Pflichten und Einschränkungen sowie aufgrund der zahlreichen Demonstrationen in letzter Zeit in Pirna wollen wir gern einmal das Meinungsbild im Stadtrat zu dieser aktuellen Entwicklung widerspiegeln. Daher übersende ich Ihnen hiermit einige Fragen zu der Thematik mit der Bitte, zeitnah darauf kurz zu antworten.
Für Ihre Mühe bedanke ich mich bereits im Voraus!
- Frage: Halten Sie die derzeitigen (bspw. Maskenpflicht in bestimmten Bereichen) sowie auch künftige Einschränkungen (bspw. Eine möglicherweise kommenden Impfflicht) für angemessen?
Antwort Tilo Kloß: Ja, Spanien und Italien haben uns gezeigt, welche Auswirkungen der Virus haben kann. Daher sollten wir froh sein, dass es in Deutschland nicht solche Zustände gab bzw. gibt. Es hat meiner Meinung nach auch etwas mit Vorsorge zu tun.
Antwort Jutta Häcker; Ja
- Frage: Welche Einschränkungen gehen aus Ihrer Sicht zu weit?
Antwort Tilo Kloß: Nach wie vor ist noch ungeklärt, ob die massiven
Grundrechtseingriffe überhaupt auf einer hinreichenden Form von Ermächtigungen beruht.
Bei solchen Eingriffen in die Bürgerrechte müssen die gesetzlichen Grundlagen
hinterfragt werden dürfen. Gerade auch zu Fragen der Verhältnismäßigkeit fordern wir
als LINKE immer wieder Auskunft.
Antwort Jutta Häcker: Keine der derzeitigen Einschränkungen, da diese für bestimmte
Zeiträume erlassen werden.
- Frage: Sind aus Ihrer Sicht Grundrechte derzeit als auch künftig unangemessen
eingeschränkt? Wenn ja, welche und warum?
Antwort Tilo Kloß: Auch in besonderen Krisen muss man sich an die Grundrechte halten,
die derzeit, und das über Monate hinweg, eingeschränkt sind. Das darf nicht zu Lasten
der Demokratie insgesamt beeinträchtigt werden. Hier sehe ich besonders die geplanten
Verordnungen, z.B. der Impfpflicht und bei der Nutzung von Handydaten sehr
kritisch.
Antwort Jutta Häcker: Zum Beispiel das Recht auf gleichberechtigten Zugang zu Bildung;
in Deutschland entscheidet immer noch der Geldbeutel über die Bildungschancen, dies
wird in Krisen, so wie jetzt, besonders deutlich, lässt sich im Moment aber kaum
lösen; hier muss die Gesellschaft insgesamt mehr Augenmerk darauflegen und nach der
Krise die Forderungen umsetzten.
- Frage: Welche Einschränkungen würden Sie ändern, aufheben oder verhindern?
Antwort Tilo Kloß: Besonders betroffen sind die Bereiche Freizeit, Gastronomie und Vereinsleben. Hier sollte schnellstmöglich gehandelt werden, natürlich immer unter Einhaltung der notwendigen Sicherheits- und Hygienemaßnahmen.
- Frage: Was können Stadt und Stadtrat tun, um möglicherweise Einschränkungen zu
lockern?
Antwort Tilo Kloß: Wir müssen uns zunächst darüber verständigen, welche Lockerungen
wann und wo möglich sind. Diese sollten dann aber auch Bestand haben, ohne das bis
jetzt Erreichte zu gefährden.
Antwort Jutta Häcker: Infektionsschutz ist Sache des Landkreises, in den
Gremien wirken natürlich auch Pirnaer mit. Wir können Fragen, Probleme und Hinweise
der Bürger*innen an entsprechende Stellen transportieren und Umsetzungen/Lösungen
anmahnen. Stadtverwaltung kann Hilfe zur Selbsthilfe für Vereine, Händler und
kulturelle Einrichtungen anbieten, koordinieren.
- Frage: Wie lange, denken Sie, lassen sich die derzeitigen Einschränkungen noch
aufrecht erhalten?
Antwort Tilo Kloß: Ich habe den Eindruck, dass die Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger
unserer Stadt hinter den derzeitigen Einschränkungen stehen und sich auch daran
halten. Eine Prognose hierzu möchte ich nicht abgeben.
Antwort Jutta Häcker: Sie müssen aufrecht erhalten werden, so lange sie nötig sind,
die Alternative wäre eine zweite chaotischere Welle der Erkrankungen, mit einer
Überlastung des Systems, d.h. alles was wir bisher an Einschränkungen erdulden
mussten, wäre umsonst gewesen.
- Frage: Befürchten Sie, dass die Stimmung in der Bevölkerung kippt, sollten die
Einschränkungen und Pflichten noch länger bestehen bleiben?
Antwort Tilo Kloß: Es ist für uns alle eine schwierige Ausnahmesituation. Ich denke
da vor allem an Familien mit Kindern, die davon betroffen sind. Die Proteste werden
mehr und lauter, da die Verordnungen tief in das Leben der Menschen eingreifen. Die
Stimmung kann jederzeit kippen, ich hoffe aber nicht.
Antwort Jutta Häcker: Nein. Die meisten Menschen verstehen die derzeitigen
Bemühungen, die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen und Einschränkungen werden
ja nach und nach unter Beachtung der Auswirkungen gelockert.
- Frage: Seit einiger Zeit gibt es in Pirna Spaziergänge und andere
Demonstrationen, um wieder mehr Grundrecht einzufordern. Können Sie die derzeitige
Situation und die Forderungen der Menschen nachvollziehen?
Antwort Tilo Kloß: Für mich sind sie ein Zeichen dafür, dass viel an Vertrauen in die
Politik verloren gegangen ist. Viele Maßnahmen werden als totale Fehleinschätzung der
Politik gesehen und sind nicht nachvollziehbar. Ich bemühe mich, beide Seiten zu
hinterfragen und sie ernst zu nehmen.
Antwort Jutta Häcker: Wir sind für die Einforderung der verfassungsmäßigen
Grundrechte, aber es gibt Situationen wo sie für kurze Zeit, im Krisenfall,
eingeschränkt werden müssen, um eine Vielzahl von Menschen zu schützen. Die
demokratische Grundverfassung unseres Staates wurde dadurch nicht eingeschränkt. Die
Spaziergänger trauen der gegenwärtigen Politik nicht. Sie haben nicht verstanden oder
wollen es nicht verstehen, warum die Maßnahmen getroffen wurden. Aber es ist völlig
unverständlich, warum sie deswegen Polizistinnen und Polizisten verunglimpfen,
beleidigen und angreifen und sich selbst sowie andere gesundheitlichen Gefährdungen
aussetzen.
- Frage: Ist das Pirnaer Rathaus der richtige Adressat für solche
Forderungen?
Antwort Tilo Kloß: Die Forderungen richte sich nicht an das Pirnaer Rathaus, da die
Verordnungen Länder – bzw. Bundesverordnungen sind.
- Frage: Halten Sie Demonstrationen und auch unangemeldete Spaziergänge für ein
probates Mittel, wieder mehr Grundrechte einzufordern?
Antwort Tilo Kloß: Die Bürgerinnen und Bürger sind durch die unterschiedliche
Handhabung zutiefst verunsichert und haben auch Angst. Insbesondere vor einer
generellen Impfpflicht, die sie ablehnen. Wir brauchen einen demokratischen
Diskussionsprozess darüber, was sinnvoll und nachvollziehbar ist. Für seine Grund-
und Freiheitsrechte einzutreten muss legitim bleiben. Ob in Pirna dazu immer die
richtige Form gewählt wird, sehe ich eher kritisch.
- Frage: Am vergangenen Sonntag ist es zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei
und sogenannten Spaziergängern gekommen. Wie groß ist die Gefahr, dass zum Teil
Gewaltbereite von außen diese Demonstrationen/Spaziergänge vereinnahmen, sie für sich
instrumentalisieren, deren eigentlich Sinn konterkarieren und damit Pirna generell in
ein schlechtes Licht rücken?
Antwort Tilo Kloß: Ich lehne Gewalt prinzipiell ab, sowohl verbal als auch körperlich
und von welcher Seite sie auch immer ausgeht. Mich ärgern die Bilder und Kommentare
auch, die derzeit über Pirna gesendet werden.
Antwort Jutta Häcker: Die Gefahr ist sehr groß. Die Pirnaer*innen sollten sich für so
etwas nicht hergeben. Das Bild von Pirna wird abermals durch solche bundesweit
medienwirksamen Aktionen verzerrt und könnte dem Tourismus schaden.
- Frage: Auch bei den Pirnaer Spaziergängen sind schon Polizisten beschimpft und
beleidigt worden, obwohl diese nur ihre Pflicht erfüllen. Wie lässt sich so etwas
künftig vermeiden und wieder ein ordentlicher Diskurs führen?
Antwort Tilo Kloß: Zu einem ordentlichen Diskurs gehört, dass beide Seiten an einer
positiven Veränderung interessiert sind. Ich stelle mir die Forderungen vor, wenn wir
Szenarien wie in Italien oder Spanien hätten. Dann wäre die Situation vielleicht
genau umgekehrt. Wir sollen froh und dankbar darüber sein, dass wir in der Lage sind,
alle Intensivpatienten betreuen und behandeln zu können und nicht über Leben und Tod
entscheiden müssen. Dafür ist der Schutz der Menschen oberstes Gebot.